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Steffi Amelung von der Handwerkskammer Potsdam über den Ausbildungsbeginn – Spätentschlossene können noch bis Ende Oktober einsteigen
Das Ausbildungsjahr hat begonnen. Nachzügler haben dennoch die Chance, auf den bereits fahrenden Zug aufzuspringen. Steffi Amelung, Abteilungsleiterin Berufsbildung bei der Handwerkskammer Potsdam, erklärt, was man wissen muss.

Die Leiterin der Abteilung Berufsbildung der Handwerkskammer Potsdam, Steffi Amelung.
FOTO: HWK POTSDAM/MICHAEL LÜDE
Frau Amelung, wie lange können die Schulabgängerinnen und Schulabgänger noch einsteigen?
Jugendliche können noch bis Ende Oktober in diesem Jahr eine Ausbildung im Handwerk beginnen. Dieser Zeitraum ist mit den Berufsschulen und der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung abgestimmt.
Wäre für diejenigen, die zu spät kommen, ein Praktikum eine Option?
Es ist eigentlich nie zu spät, ins Handwerk einzusteigen. Ein Praktikum ist immer eine sehr gute Option . Das ist übrigens eine Sache, der unsere Ausbildungsbetriebe offen gegenüberstehen. Ein Praktikum ist grundsätzlich eine gute Möglichkeit, dass sich die Betriebe und die Jugendlichen näher kennenlernen. Nicht zuletzt ist die persönliche Passung oft entscheidender als die schulischen Noten. Studien zeigen, dass viele junge Menschen dort eine Ausbildung beginnen, wo sie zuvor ein Praktikum absolvierten. Aktuell unterstützen wir gemeinsam mit den Jugendberufsagenturen in Nachvermittlungsaktionen diejenigen, die noch eine Ausbildung beginnen möchten und beraten Eltern und Jugendliche.

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Auf dem Internetportal der Handwerkskammer Potsdam war in der „Ausbildungsbörse“ jüngst die Zahl 997 bei den freien Plätzen zu sehen. Wie ist die einzuordnen?
Die Zahlen zeigen die hohe Ausbildungsbereitschaft unserer Betriebe, aber auch den hohen Bedarf. Unsere Ausbildungsbetriebe suchen Nachwuchs, wollen ihren Fachkräftebedarf aus der eigenen Ausbildung heraus entwickeln. Das zeigt auch die Vielfalt der angebotenen Gewerke. Es sind faktisch in fast 70 verschiedenen Ausbildungsberufen noch freie Stellen verfügbar. Der junge Mensch hat die Wahl, kann nach Interessen, Region, Wünschen auswählen. Die Zahlen verdeutlichen auch, dass in den nächsten Jahren mehr Menschen in Rente gehen. Wir sind vorsichtig optimistisch, dass sich wieder mehr junge Menschen für das Handwerk entscheiden und sehen aktuell ein leichtes Plus bei den neuen Ausbildungsvertragsabschlüssen zum Vorjahr.
Es gibt eine zweite Zahl: 322 freie Praktikumsplätze in Vollzeit. Ist es ein Trend der Unternehmen, gern Praktikanten zu nehmen?
Nein, das ist nicht neu. Es ist eine gute Möglichkeit für beide Seiten, sich näher kennenzulernen, vielleicht sogar die erfolgreichste. So können Jugendliche herausfinden, ob das Handwerk etwas für sie ist, während die Betriebe prüfen können, ob das Talent und die Chemie stimmen. Schülerinnen und Schüler von Ober-, Gesamt- und Förderschulen erhalten im Rahmen der Berufsorientierung in der Regel einen Einblick in Unternehmen, meist zwei Wochen. Auch Gymnasiastinnen und Gymnasiasten der 9. Klasse erhalten jetzt endlich diese Möglichkeit. Wir sind zudem im Gespräch mit der Politik zu Schülerpraktika in den Ferien, bei dem es auch darum geht, finanzielle Anreize zu schaffen, wie es andere Bundesländer erfolgreich praktizieren.
Ausbildungsbotschafter sind unterwegs, um für die Handwerksberufe zu trommeln. Wie werden sie eingesetzt?
Die Schulen nehmen das Angebot gern an, denn Ausbildungsbotschafter sind junge Menschen, die in der Ausbildung sind beziehungsweise gerade ihren Abschluss gemacht haben. Ihr Einsatz ist Teil der Landesstrategie für Berufsorientierung und hat sich in anderen Berufsfeldern ebenfalls bewährt. Die Botschafter sprechen auf Augenhöhe mit den Schülerinnen und Schülern. Dies erzeugt eine ganz andere Aufmerksamkeit.
Nehmen Firmenchefs externe Hilfe bei der Suche nach Azubis oder auch Fachkräften – Messen, Foren, Datings, Ausbildungsbörsen, digitale Angebote – an?
Ja, wir unterstützen unsere Betriebe mit verschiedenen Instrumenten. Beliebt sind zum Beispiel Berufsspeed-Datings, Berufsmessen oder Workshops zur erfolgreichen Suche von Auszubildenden. Diese Unterstützungsinstrumente sind für unsere Mitgliedsbetriebe kostenfrei.
Was sind gute und erfolgreiche Ideen von Unternehmen bei der Nachwuchsgewinnung?
In erster Linie ist die Qualität der Ausbildung entscheidend, da sich positive Erfahrungen schnell herumsprechen. Das ist die beste Form der Werbung. Außerdem rücken attraktive Angebote von Arbeitgebern natürlich immer mehr in den Fokus. Einige unterstützen beispielsweise bei Führerschein-Kosten, bieten Leistungsprämien, Fahrtkostenzuschüsse, Azubitickets oder Tankgutscheine, helfen bei der Wohnungssuche, bieten kostenlose Getränke, organisieren Azubi-Frühstücke, fahren Paten- oder Tandemmodelle und für eine erfolgreiche Ausbildung Übernahmegarantien. Wertschätzung in jeglicher Form spielt eine große Rolle. Einige Handwerksbetriebe setzen auf Social-Media-Plattformen, indem sie Videos veröffentlichen, um ihren Alltag erlebbar zu machen und ihren Azubis und Mitarbeitenden auch ein Gesicht und eine Stimme zu geben.